Montag, 28. September 2009

Schulbuch-Analyse

Um die didaktische und fachliche Qualität der verschiedenen Schulbücher beurteilen zu können, werden drei Hauptaspekte für die Analyse vorgeschlagen (vgl. Imhof, 1993, S. 23):

Das Buch als Informatorium
  • das Buch sollte dem aktuellen Stand fachwissenschaftlicher Diskussionen entsprechen, soweit diese für die Zielgruppe Schüler relevant ist
  • die fachwissenschaftliche Inhalte sollten so gewählt sein, dass die Inhalte den Schülern Hilfe in zukünftigen Lebenssituationen geben können
  • einseitige Beeinflussung soll vermieden werden, unterschiedliche Standpunkte und Sichtweisen sollen deutlich werden
  • die Darstellung der Inhalte soll zu weiterführenden Fragen und zum Nachdenken anregen
Das Buch als Didaktikum
  • Das Buch soll dazu beitragen, eigene Wertsysteme zu entwickeln
  • Die Inhalte müssen realitäts- und adressatengerecht sein
  • Realitäts- und Handlungsbezug der Lernziele; denn die Anknüpfung an Erfahrungen und Lernen für reale Anwendungsbereiche sind ebenso wichtig wie Transfermöglichkeiten (des Wissens) und aktive Auseinadersetzung mit der Wirklichkeit
  • Abwechslungsreicher Unterricht durch unterschiedliche Aufgabenstellungen; Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit
  • Die schülergemäße Gestaltung des Schulbuches ist ebenso ein zentrales Thema; farbige Gestaltung, ansprechende Bilder lockern die Texte auf und veranschaulichen die Unterrichtsinhalte. Die Texte müssen für die Zielgruppe gut verständlich sein und weder über- noch unterfordern.
Das Buch als Politikum
  • Schulbücher werden von den jeweils gültigen Lehrplänen gesteuert und sind damit bildungspolitisch geprägt
  • Produktion und Vertrieb sind privatwirtschaftlich organisiert, d.h. auch absatzpolitische Aspekte spielen eine Rolle.
  • Die politischen Aspekte werden zwar zumeist in der Literatur nicht zu Beurteilung von Lehrbüchern herangezogen, allerdings sollten auch diese Aspekte nicht außer Acht gelassen werden.
Literatur
Imhof, Ursel (1993). Auswahl und Einsatz von Schulbüchern im Arbeits- und Wirtschaftslehreunterricht. In: arbeiten+lernen/Wirtschaft, 3.Jg., Nr. 12. Seelze: Erhard Friedrich.

Samstag, 19. September 2009

Zeitung und Zeitschrift als Massenmedium

Zeitung und Zeitschrift stellen die ältesten Formen von Massenkommunikationsmitteln dar, ihr Ursprung geht auf die Zeit nach der Erfindung des Buchdruckes zurück. Im Jahr 1455 erfand Gutenberg den Buchdruck mit beweglichen Lettern und bald darauf wurde die erste sogenannte Gutenberg-Bibel in einer Auflage von 150-200 Stück verfasst. Die Entstehung der ersten Tageszeitung dauerte jedoch noch bis zum Jahr 1608, wo die erste Ausgabe der Zeitung „Der Aviso“ in Deutschland erschien.
Grundsätzlich soll die Zeitung zwei Aufgaben erfüllen. Einerseits hat sie hauptsächlich informativen Charakter, auf der anderen Seite soll sie aber auch kommentieren, um zur Meinungsbildung anzuregen. Damit die Zeitung die Hauptaufgabe der Information erfüllen kann, muss sie jedoch selbst über gute Informationen verfügen. Obwohl heutzutage „modernere“ Massenmedien zur Verfügung stehen, hat die Zeitung als ältestes Massenmedium noch immer eine sehr große Bedeutung. Folgende zwei Gruppen von Gründen sind dafür verantwortlich:
  • Inhaltliche Gründe: Die Zeitung ist am besten fähig, Neuigkeiten aus dem Lokal- und Regionalbereich zu verarbeiten und dem Zielpublikum zu übermitteln. Im Gegensatz zu Fernsehen und Radio steht es hier dem Nachrichtenbezieher frei, welche parteipolitisch oder konfessionell orientierte Richtung er wählt. Der/die LeserIn begegnet persönlichen Meinungen, die unter Umständen seine/ihre Sicht der Ereignisse bestätigen (Motivationseffekt der LeserInnen).
  • Funktionelle Gründe: Die Information in der Zeitung ist jederzeit wieder abrufbar, der Leser kann frei entscheiden, welche Artikel er in welcher Reihenfolge liest oder ob er sie überhaupt liest. Nach Wunsch kann das Lesen eines Artikels wiederholt werden, was zu einer gesicherten Glaubwürdigkeit beiträgt.
Literatur
Baacke, D. (1973). Mediendidaktische Modelle: Zeitung und Zeitschrift. München.
Mitterhuber, M. (1978). Manipulation durch das Medium Zeitung und deren Verwendung im „Wirtschaftsunterricht“ an der Handelsschule und Handelsakademie. Diplomarbeit. Linz: Universität Linz.

Freitag, 18. September 2009

Das Gelübde

Es waren einmal zwei Zen-Mönche, die durch den Wald zu ihrem Kloster zurückkehrten. Als sie an den Fluß kamen, sahen sie eine Frau am Ufer knien und weinen. Sie war jung und schön.
»Was ist mit dir?« fragte der ältere Mönch.
»Meine Mutter liegt im Sterben. Sie ist allein zu Haus, auf der anderen Seite des Flusses, und ich kann nicht zu ihr. Ich habe es versucht«, antwortete sie, »aber die Strömung hat mich fortgerissen, und ohne Hilfe komme ich nicht auf die andere Seite. Ich dachte, ich würde sie wohl nicht mehr lebend wiedersehen. Aber jetzt... Jetzt, wo ihr gekommen seid, könnte mir doch einer von euch helfen, den Fluß zu überqueren...«
»Ich wünschte, wir könnten das tun«, klagte der Jüngere. »Aber die einzige Möglichkeit, dir zu helfen, wäre, dich über den Fluß zu tragen. Unser Keuschheitsgelübde jedoch verbietet uns jeden Kontakt zum anderen Geschlecht. Es ist uns verboten. Es tut mir leid.«
»Mir tut es auch leid«, sagte die Frau und brach erneut in Tränen aus.
Der ältere Mönch kniete nieder, beugte den Kopf und sagte: »Steig auf!«
Die Frau konnte es kaum glauben, sie raffte schnell ihr Bündel zusammen und stieg dem Mönch auf den Rücken. Unter größten Schwierigkeiten durchquerte der alte Mönch, gefolgt vom Jüngeren, den Fluß.
Als sie am anderen Ufer angelangt waren, stieg die Frau ab und wollte dem alten Mönch
die Hände küssen.
»Ist schon gut«, sagte der Alte und zog seine Hände zurück, »setz deinen Weg fort.«
Die Frau verneigte sich dankbar und ergeben, sammelte ihr Bündel auf und lief los in Richtung Dorf.
Schweigend nahmen die Mönche ihren Marsch zum Kloster wieder auf. Zehn Stunden Weg lagen noch vor ihnen... Kurz vor ihrer Ankunft sagte der Junge zum Alten: »Meister, Ihr kennt unser Gelübde besser als ich. Dennoch habt Ihr diese Frau auf Euren Schultern über den Fluß
getragen.«
»Ja, ich habe sie über den Fluß getragen. Aber was ist mit dir, der du sie noch immer auf deinen Schultern trägst?«

Quelle: Jorge Bucay, Komm, ich erzähl dir eine Geschichte, Zürich 2005, S. 112 f.

Mittwoch, 16. September 2009

Ethik in der Forschung

Forschung hat seit alters her das doppelte Ziel (historisch in unterschiedlichen Mischungen): die Welt zu verstehen und die menschlichen Lebensverhältnisse zu verbessern. Durch Forschung soll die Lebenssituation der Betroffenen längerfristig verbessert werden, kurzfristig jedenfalls nicht verschlechtert werden. Right to know vs. right to privacy. Ownership – wem gehören die Gedanken eines Interviewten?

Was tun?
  • Erläuterung des Zwecks und der Verwendungsweisen der gesammelten Informationen
  • Anonymisierung (Veränderung von Identitätsinformationen)
  • Möglichkeit der Interviewten, das Transkript gegenzulesen und zu korrigieren
  • Möglichkeit der Interviewten, den Rohbericht gegenzulesen; Änderungsvorschläge werden entweder eingearbeitet oder angehängt
  • Kommunikative Validierung
  • Zustimmung der Betroffenen zur Publikation
Rückmeldungen der Betroffenen sind nicht unbedingt eine Beschränkung der Erkenntnismöglichkeiten, sondern bieten auch zusätzliche Informationen

Montag, 14. September 2009

Beruf Lehrer

Schule als Zeitvertreib
Die Lehrer „beschleicht langsam das Gefühl, dass ihnen der Job über den Kopf wächst. Viele Kinder kommen nicht mehr in die Schule, um zu lernen. Sie kommen, um sich mit den Mitschülern die Zeit zu vertreiben.“
„Es geht nicht mehr um Bildung, es geht um Betreuung. Und die Pädagogen werden zu Sozialarbeitern, Psychologen, Erziehungsberatern“
„Die Lehrer von heute sind oft die Letzten, die sich noch um die Kinder kümmern.“ ... „Kein Wunder, dass sich deutsche Pädagogen überfordert fühlen.“
Untersuchung der Berufssituation von Gymnasiallehrern, Ergebnis: „jeder zweite Lehrer fühlt sich erschöpft, anfällig und hat resigniert. Nur etwa zwölf Prozent der Pädagogen sind fit und rundum belastbar.... Jeder fünfte Lehrer steht während des Unterrichts unter so starkem Stress, dass er eine psychotherapeutische Behandlung bräuchte.“
Traumberuf wird zum Horrorjob
Elfjähriger schlägt seine Lehrerin nieder, Schüler attackiert Lehrerin mit Küchenmesser, Schüler droht Lehrerin, sie zu erschießen,...
Die meisten Übergriffe werden nicht öffentlich gemacht
Lehrer und Schule fürchten, „guten Ruf zu verlieren“; „Gewalt an Schulen ist immer noch ein Tabuthema.“
Selbstverteidigungskurse für Lehrer
„Der Beruf des Lehrers hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert, die Ausbildung des Lehrpersonals nicht.“
Lehrer lernen in ihrer Ausbildung nicht, mit verhaltensauffälligen und aggressiven Schülern und Schülerinnen umzugehen.

Literaturliste zur Gedächtnisforschung

BADDELEY, A.D. & LEVY, B.A. 1971 Semantic coding and short term memorys. Journal of Experimental Psychology
Birbaumer, N. & Schmidt, R.F. 1991 Biologische Psychologie
CRAIK, F.I.M. & LOCKHART, R.S. 1972 Levels of Processing: A Framework for Memory Research. Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior
CRAIK, F.I.M. & TULVING, E. 1975 Depth of Processing and the Retention of Words. Journal of Experimental Psychology
CRAIK, F.I.M. & TULVING, E. 1975 Depth of Processing and the Retention of Words in Episodic Memory. The Journal of General Psychology
Engelkamp, J. 1998 Gedächtnis für Bilder
Engelkamp, J. & Zimmer, H.D. 1990 Unterschiede in der Repräsentation und Verarbeitung von Wissen in Abhängigkeit von Kanal, Reizmodalität, Inhalt und Aufgabnstellung. In Böhme-Dürr, K. (Hrsg.). Wissensveränderungen durch Medien.
HOFFMANN, J. 1983 Das aktive Gedächtnis - Psychologische Experimente und Theorien zur menschlichen Gedächtnistätigkeit. Berlin.
KLIMESCH, W. 1979 Ergebnisse aus der Gedächtnisforschung: Die Möglichkeit ihrer Anwendung im Rahmen unterrichtswissenschaftlicher Fragen. GPl-Werkstattgespräch (Vortrag). Berlin
KLIMESCH, W. 1979 Vergessen: Interferenz oder Zerfall? Über neuere Entwicklungen der Gedächtnispsychologie. Psychologische Rundschau
KLIX, F. 1976 Information und Verhalten. Berlin.
LEHRL, S., GALLWITZ, A. & BLAHA, L. 1978 Kurztest für allgemeine Intelligenz KAI. Erlangen.
WÖLLERSDORFER, E.1975 Experimentelle Beiträge zur Theorie des Kurzzeitgedächtnisses. Zeitschrift für experimentelle und angewandte Psychologie
WEINERT, F.E. 1979 Entwicklungspsychologische Lern- und Gedächtnisforschung. In L. MONTADA (Hrsg.), Brennpunkte der Entwicklungspsychologie. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz

Bewertung der dualen Kodierung

Wenigstens unter experimentellen Bedingungen ist ein Effekt der Codierung von Informationen auf deren Behalten nachweisbar, was für die Dualkodierungs-Theorie spricht. Sie wird auch durch neuro-psychologische Befunde gestützt, wonach rechte und linke Hirnhemisphäre Unterschiede beim Verarbeiten sequenzieller und synchroner Informationen aufweisen (vgl. auch Kognitionspsychologische Aspekte).
Daraus ist für die Gestaltung von Lernsystemen abzuleiten:
Die Konkretisierung von abstraktem Wissen und die Förderung von Vorstellungsbildern durch bildhafte Darstellungen können besseres Behalten begünstigen, weil sie eine Doppelkodierung vereinfachen. Die Nutzung dieses Bildüberlegenheitseffekts bedingt allerdings, dass die Lernenden die jeweils eingesetzten Bilder interpretieren können, Gestaltungsaspekte hypermedialer Lernumgebungen: Bilder).
Es gibt aber auch andere Erklärungen für den Bildüberlegenheitseffekt. Hasebrook argumentiert z. B., dass verbale und nonverbale Informationen mit dem selben Symbolsystem repräsentiert werden könnten. Andererseits ist denkbar, dass für jedes Sinnessystem ein eigenes Repräsentationssystem existiert.
Ferner muss die externe Codierung nicht unbedingt Eins-zu-Eins auf die interne Codierung abgebildet werden]. Beispielsweise kann auch der Name eines Gegenstandes (verbale externe Repräsentation) direkt zwei interne Repräsentationen (verbal und bildhaft) aktivieren.
Clark/Craig ziehen deshalb das Fazit: "There is lack of evidence for the dual coding basis for multi-media theory and questionable results from empirical studies."
Die Dualcodierungs-Theorie erlaubt somit nicht die Schlussfolgerung, Multimedialität sei auto-matisch vorteilhaft. Diese Theorie besagt nur, dass ein aufeinander abgestimmtes Ansprechen beider Systeme positiv wirken kann (siehe auch naive Vorstellungen zur Lernwirksamkeit von Hypermedia).

Befunde zur Doppelkodierungstheorie

Befunde verschiedener Experimente zur Doppelkodierungs-Theorie

• Bilder werden zumindest kurzfristig besser behalten als die entsprechenden Begriffe. Die Erinnerung ist bereits nach einmaliger Bildpräsentation sehr gut. Dies setzt aber die Fähigkeit zur Interpretation des bildlichen Symbolsystems voraus.
• Einfach benennbare Bilder werden leichter bzw. besser behalten als Wörter). Paivio führt diesen „Bildvorteil" oder „Bildüberlegenheitseffekt auf die Doppelcodierung von bildlicher und verbaler Information zurück. Die doppelte Codierung erfolgt nach seinen Untersuchungen jedoch nur bei konkreten Begriffen und leicht benennbaren Bildern (z.B. „Haus“), nicht aber bei abstrakten Begriffen (z. B. „Operations Research“), zu denen keine adäquaten Bilder assoziierbar sind.
• Größenvergleiche von Objekten sind bei bildhafter Darstellung signifikant schneller möglich als bei sprachlicher (z. B. Bild eines Hauses und Bild eines Stuhls vs. Begriffspaar Haus/Stuhl). Paivio führt dies darauf zurück, dass Größenvergleiche mit dem imaginativen System erfolgen; dieses wird bei bildlicher Repräsentation direkt und zuerst aktiviert, dagegen bei verbaler erst in zweiter Instanz].
• Die gezielte Erzeugung eines Vorstellungsbildes zu einem Begriff kann dessen Behalten verbessern. Dasselbe gilt für die Zuordnung eines Begriffs oder Namens zu einer bildhaften Darstellung].